Kreditvergaben an mosambikanische Staatsunternehmen: Bundesanwaltschaft reicht Anklage wegen Geldwäscherei und Organisationsmängeln bei der Credit Suisse ein
Bern, 01.12.2025 — Im Zusammenhang mit Kreditvergaben an mosambikanische Staatsunternehmen reichte die Bundesanwaltschaft (BA) Anklage gegen eine Mitarbeiterin der damaligen Credit Suisse AG (fortan: CS) wegen des Verdachts der Geldwäscherei ein. Der CS und ihrer Muttergesellschaft Credit Suisse Group AG (fortan: Credit Suisse Group) respektive deren Nachfolgeunternehmen UBS AG und UBS Group AG wirft sie zudem vor, die Straftat aufgrund von organisatorischen Mängeln nicht verhindert zu haben. Im Zentrum der Anklage steht die Beendigung einer Geschäftsbeziehung durch die CS und die deshalb erfolgten Abflüsse von mutmasslich deliktischen Geldern ins Ausland, ohne dass die CS oder ihre Muttergesellschaft eine Verdachtsmeldung an die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) erstatteten. Gegen eine weitere Mitarbeiterin der damaligen CS stellte die BA das Strafverfahren ein.
Die besagte Geschäftsbeziehung stand im Zusammenhang mit Kreditgeschäften im Umfang von total über USD 2 Milliarden, welche die Credit-Suisse-Finanzgruppe im Jahr 2013 mit drei mosambikanischen Staatsunternehmen tätigte und die 2016 als sogenannter «Mosambik-Schuldenskandal» bekannt wurden. Im Jahr 2020 eröffnete die BA ein erstes Strafverfahren in diesem Zusammenhang, das sie zurzeit gegen zwei natürliche Personen wegen des Verdachts der Geldwäscherei (Art. 305bis Schweizer Strafgesetzbuch, StGB) und des Verdachts der Gehilfenschaft zur Bestechung fremder Amtsträger (Art. 25 i.V.m. Art. 322septies StGB) führt. Aufgrund von Erkenntnissen aus diesem ersten Strafverfahren eröffnete die BA 2023 eine zweite Strafuntersuchung, die sie nun mit der Einreichung der Anklageschrift vom 25. November 2025 abschloss.
Deliktische Herkunft der abgeflossenen Gelder
Im Zentrum der Anklage steht eine Geschäftsbeziehung zwischen der CS und einer ausländischen Gesellschaft, die vorgeblich in der Unternehmensberatung und Vermögensverwaltung tätig und mutmasslich in die Vorgänge um den «Mosambik-Schuldenskandal» involviert war. Auf Konten der Gesellschaft bei der CS in der Schweiz gingen im Frühjahr 2016 Gelder in Höhe von rund USD 7.86 Millionen ein, überwiesen vom Wirtschafts- und Finanzministerium von Mosambik.
Die aus Mosambik bei der CS eingegangenen Gelder stammten verdachtsweise aus einer zwischen der Kontoinhaberin und mosambikanischen Staatsunternehmen vereinbarten und staatlich garantierten sogenannten «Running Fee», ausbezahlt für angebliche Dienstleistungen im Zusammenhang mit den erwähnten Kreditgeschäften. Gemäss Anklage wurden die aus Mosambik eingegangenen Gelder – die «Running Fee» – durch Straftaten in Mosambik erlangt beziehungsweise begünstigt, insbesondere durch Korruption (Bestechung mosambikanischer Amtsträger) und ungetreue Amtsführung in Mosambik.
Anklage gegen Compliance-Mitarbeiterin wegen Geldwäscherei
Kurze Zeit nach Eingang der Gutschrift leitete die Kontoinhaberin USD 7 Millionen der eingegangenen Gelder auf Bankkonten in den Vereinigten Arabischen Emiraten weiter. Aufgrund dieser Kontobewegung leitete die CS Abklärungen zur genannten Geschäftsbeziehung ein. Die angeklagte Compliance-Mitarbeiterin der CS war mutmasslich federführend bei der Durchführung dieser Abklärungen. Obwohl ihr gemäss Anklageschrift zahlreiche Anhaltspunkte auf eine möglicherweise verbrecherische Herkunft der aus Mosambik eingegangenen Gelder vorlagen, soll die Compliance-Mitarbeiterin der Geschäftsleitung der CS und der Credit Suisse Group empfohlen haben, keine Meldung bei der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) zu erstatten, sondern vielmehr die Geschäftsbeziehung zu saldieren.
Im Zuge der Saldierung flossen im Herbst 2016 die zu jenem Zeitpunkt bei der CS noch verbliebenen, ursprünglich aus mutmasslichen Straftaten in Mosambik stammenden Gelder im Betrag von rund USD 609’000 und CHF 28’000 auf Konten im Ausland ab.
Der beschuldigten Compliance-Mitarbeiterin wirft die BA gemäss Anklageschrift vor, durch die Empfehlung zur Saldierung der Geschäftsbeziehung und durch unsorgfältiges Durchführen der ihr übertragenen Geldwäschereiuntersuchung bewirkt beziehungsweise zugelassen zu haben, dass die restlichen Gelder mutmasslich verbrecherischer Herkunft ins Ausland verschoben und dadurch gewaschen wurden. Deshalb wirft die BA der beschuldigten Compliance-Mitarbeiterin Geldwäscherei nach Art. 305bis Ziff. 1 StGB vor.
Mangelhafte Organisation bei der CS und Credit Suisse Group
Die CS beziehungsweise die Credit Suisse Group erstattete erst im Jahre 2019 eine Geldwäschereiverdachtsmeldung an die MROS, nachdem das U.S. Departement of Justice (DOJ) ein in Zusammenhang mit den Mosambik-Kreditgeschäften geführtes Strafverfahren publik gemacht hatte.
Der CS und der Credit Suisse Group – respektive deren Nachfolgeunternehmen UBS AG und UBS Group AG, welche die CS respektive die Credit Suisse Group im Juni 2023 übernommen haben – wirft die BA vor, im relevanten Zeitraum im Jahr 2016 nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen zu haben, um die mutmasslich begangene Geldwäscherei zu verhindern. Gemäss Anklageschrift sollen 2016 insbesondere erhebliche Mängel im Risikomanagement, im Compliance und im Weisungswesen im Zusammenhang mit der Geldwäschereibekämpfung bestanden haben. Insbesondere soll die genannte Geldwäschereiuntersuchung gemäss Anklage unsorgfältig geführt und zu spät eine Verdachtsmeldung an die MROS erstattet worden sein. Der UBS AG und der UBS Group AG wird deshalb, gemäss Artikel 102 StGB in Verbindung mit Art. 305bis StGB, die Verantwortung als Unternehmen für die mutmasslich begangene Geldwäscherei vorgeworfen.
Einstellung gegen weitere Beschuldigte
Gegen eine weitere beschuldigte Mitarbeiterin der CS beziehungsweise Credit Suisse Group stellte die BA das Strafverfahren mit Verfügung vom 25. November 2025 ein. Die Beschuldigte war im Tatzeitraum verantwortlich für die Compliance-Abteilung sowie Geschäftsleitungsmitglied der CS beziehungsweise der Credit Suisse Group und dabei in die genannte Geldwäschereiuntersuchung involviert.
Im März 2025 verurteilte das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) die Beschuldigte im Rahmen eines separaten Verwaltungsstrafverfahrens, welches im Zusammenhang mit den Mosambik-Kreditgeschäften geführt wird, wegen Verletzung der Meldepflicht (gemäss Art. 37 Abs. 1 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 GwG). Diese Verurteilung wurde vor Bundesstrafgericht angefochten und ist noch nicht rechtskräftig.
Da der Beschuldigten im Verfahren des EFD weitgehend dieselben Sachverhaltsumstände vorgeworfen werden wie im Verfahren der BA, erwies sich eine weitere, parallele Strafverfolgung nach Einschätzung der BA weder als sachlich angezeigt noch als verfahrensökonomisch zweckmässig. Deshalb stellte die BA ihr Strafverfahren gegen die zweite Beschuldigte aus prozessökonomischen Gründen ein (Art. 319 Abs. 1 lit. e Schweizerische Strafprozessordnung, StPO).
Sobald die Einstellungsverfügung rechtskräftig ist, kann sie unter den üblichen Bedingungen in anonymisierter Form beim Rechtsdienst der Bundesanwaltschaft angefordert beziehungsweise eingesehen werden: rechtsdienst@ba.admin.ch.
Ab dem jetzigen Zeitpunkt ist das Bundesstrafgericht für die Weitergabe von Informationen zur Anklage an die Medien zuständig. Wie üblich wird die BA ihre Strafanträge während der Verhandlung bekanntgeben. Abschliessend wird an dieser Stelle daran erinnert, dass die Unschuldsvermutung so lange gilt, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt.
